Theresienstadt, tschechisch Terezin, war ein Durchgangslager der Nazis. In dem Konzentrationslager war die jüdische Kulturelite fast vollständig versammelt, auf engstem Raum lebten sie unter furchtbaren Bedingungen mit alten und sterbenden Menschen zusammengepfercht.
Das Ghetto wurde zum Inbegriff der größten Propagandalüge des Naziregimes, denn die Theresienstädter Künstler hatten das zynische Privileg, bis zu ihrem Weitertransport „in den Osten“, in die Vernichtungslager Auschwitz und Treblinka, zur Unterhaltung ihrer Leidensgenossen beizutragen und gleichzeitig der ganzen Welt vorzugaukeln, dass sie im „jüdischen Siedlungsgebiet“ ein angenehmes Leben unter ihresgleichen führen durften. Das Kulturleben blühte, es gab Theateraufführungen, Konzerte und ein sogar ein Caféhaus, wo man bei einem Becher „braunem Wasser“ die Musik der legendären Ghettoswingers genießen konnte. Überlebt haben nur wenige, aber die Musik, die dort inmitten des Grauens entstanden ist, gibt ein eindrucksvolles Zeugnis von der Hoffnung, der Sehnsucht, Trauer und Verzweiflung der Theresienstädter Künstler.
„Was mich fasziniert, sind Leidenschaft und Überlebenswille, die aus dieser Musik sprechen,“ sagt der Geiger Daniel Hope. Zusammen mit Anne Sofie von Otter gab er im Mai ein Konzert mit Werken aus Terezin in der Münchner Akademie der Schönen Künste“.
„Schon viele Male hat man gesagt `wir dürfen nie vergessen`, doch es muss auch zukünftig wieder und wieder gesagt werden. Völkermord und Verfolgung sind allgegenwärtig in unserer Zeit. Dieses Projekt ist Ausdruck meines innigen Wunsches, an jene zu erinnern, die inmitten unfassbaren Elends Musik schufen und die auf so tragische Weise ihr Leben verloren.“ (Anne Sofie von Otter)
Zu hören und zu sehen sind Ausschnitte aus einem Konzert der Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter, auf deren Initiative das Programm entstand, des Geigers Daniel Hope, des Pianisten Bengt Forsberg und des Kontrabassisten, Gitarristen und Akkordeonisten Bebe Risenfors. Letzterer begleitet auch den Bariton Christian Gerhaher, an die Originalschauplätze des menschenverachtenden Ghettos, das die Nationalsozialisten perfide und systematisch als Vorzeigelager aufbauten. Damit täuschten sie erfolgreich das Internationale Rote Kreuz. Einzig und alleine aus diesem Grund war Kultur ab 1942 in Theresienstadt auch offiziell erlaubt, doch auch vorher fanden Häftlinge Mittel und Wege, sich mithilfe der Musik einen letzten Funken Sinn, Trost und Hoffnung zu erspielen.
„Terezin“, ein Film über die Künstler und ihre Musik in Theresienstadt. • Regie: Benedict Mirow, Autor: Dorothee Binding, Kamera: Mathias Boch, Amadeus Hiller • Eine Produktion für die Bayerische Akademie der Schönen Künste 2013